Macherin, Marktfrau, Malerin

Ausstellung mit Werken von Marlies Forneberg (1949-2023) in Freudenberg ab 14. November 2025

Seit vielen Jahren pflegt das 4Fachwerk-Museum die Tradition, die letzte Ausstellung eines Jahres einer verstorbenen Siegerländer Künstlerpersönlichkeit zu widmen. Für das Jahr 2025 regte noch Dr. Ingrid Leopold an, für eine solche Präsentation Marlies Forneberg vorzusehen. Inzwischen hat Ulrike David als Kuratorin die Aufgabe übernommen, federführend für die 4Fachwerk-Kunstausstellungen zuständig zu sein. Die Retrospektive unter dem Titel „Bunte Vielfalt“ mit Werken von Marlies Forneberg liegt jetzt in ihrer Hand.

Zur Künstlerin: Marlies Bender, geboren am 22. März 1949, verbringt ihre Kindheit in Siegen-Seelbach. An ihre gemeinsame Zeit in der Realschule am Oberen Schloss erinnert sich ihre Schulfreundin Claudia Kritzler lebhaft: „Marlies zeichnete schon als Zwölfjährige. Sie fertigte mit ihrem Bleistift immer wieder Modezeichnungen an. Sie war einfach unglaublich begabt.“

Allerdings ist es nicht die Zeit, an eine berufliche Ausbildung in Sachen „Kunst“ zu denken. Marlies Forneberg beginnt ihre Ausbildung beim Fernmeldeamt in Siegen.

Sie heiratet 1968 Gerhard Forneberg, gründet mit ihm eine Familie und ein Unternehmen,  Büschergrund entwickelt sich zu ihrem Lebensmittelpunkt.

Ihre ganze Energie steckt Marlies Forneberg in Familie, Haushalt und Betrieb. Die beiden Kinder erinnern sich, mit wie viel Leidenschaft ihre Mutter ihre Aufgaben erfüllt. Präsent am Marktstand, zuhause auch Back-Office der Firma, Mittelpunkt der Familie, der große Garten, ja, und die Malerei. „Sie war Macherin“, sonst hätte sie das alles nicht geschafft.

Doch aus ihrer vielen Arbeit zieht sie eine besondere Kraft: Sie lernt Menschen kennen und beobachten, Menschenkenntnis und -Zugewandtheit verbinden sich, bei ihr vereinigen sich kluge Bodenständigkeit und künstlerische Fantasie. Sie trainiert einen fotografischen Blick, profitiert von Ausdauer und Disziplin.

Malen und Zeichnen begleiten Marlies Forneberg ihr Leben lang. In den letzten Lebensjahrzehnten kann sie sich intensiver ihrer Kunst widmen. Zunächst findet sie im Atelier Bismarckplatz in Weidenau den Raum, um ihre Kreativität immer professioneller umzusetzen. Zu ihrer eigentlichen künstlerischen Heimat entwickelt sich dann der „Kunstraum Siegen“ in der alten Marienschule in Siegen-Geisweid. Ulrich Langenbach ist es, der 2008 diesen Experimentierraum für „Kunst und Fragen“ initiiert. Er erinnert sich: „Marlies Forneberg war von 2009 -2023 mit einem eigenen Atelierplatz im Kunstraum Siegen vertreten. Der Kunstraum war für sie ein wichtiger Ort, an dem sie kontinuierlich arbeiten konnte und zugleich Teil einer Gemeinschaft von Künstlerinnen und Künstlern war.“

Hier steht ihr die große Freiheit offen, jederzeit an ihrem Atelierplatz zu arbeiten und sich regelmäßig dienstagsabends bei Bildbesprechungen mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen.

„Bunte Vielfalt“ betitelt das 4Fachwerk-Museum die Ausstellung, die jetzt an Marlies Forneberg erinnert.  Die Abwechselung zeigt sich einerseits in den Materialien, die sie verwendet. Acryl, Öl, Aquarell, Kreide oder Buntstifte, neugierig nutzt sie die Verschiedenheit ihrer Grundstoffe. Zugleich ist Marlies Forneberg nicht auf die eindimensionale Malerei beschränkt.

Die Berichterstattung über die Jahresausstellungen des Kunstraums in Siegen geben darüber Aufschluss. Ulrich Langenbach erinnert sich: „Neben Malerei und Zeichnung hat sie auch im dreidimensionalen Bereich gearbeitet und Skulpturen sowie plastische Arbeiten geschaffen. Gerade diese Vielseitigkeit war ein wesentlicher Teil ihrer künstlerischen Identität.“

2012 nutzte sie den Schweißapparat, um Skulpturen zu schaffen. 2014 zeigt sie eine witzige Pappmaché-Büste, 2016 macht sie mit Tonfiguren auf sich aufmerksam. Getöpferte Äpfel zählen zu ihren Beiträgen zur 4Fachwerkausstellung 2017. In Siegen steht im gleichen Jahr eine Frau aus Ton im Mittelpunkt der Kunstraum-Präsentation. Ebenso wird vermerkt, sie arbeite auch mit der Kettensäge.

Ihre Arbeiten beschäftigten sich mit sehr unterschiedlichen Inhalten und Themen. Sie war nicht festgelegt auf ein bestimmtes Sujet, sondern offen für Vieles – von Alltäglichem bis zu komplexeren Bildwelten,“ beschreibt ihr Wirken Ulrich Langenbach. Marlies Forneberg konnte auch politische Eindrücke verarbeiten. 2015 beschäftigt sie sich in ihren Skizzen mit der damals aktuellen Flüchtlingssituation. Beeindruckend ist ihr 2013 entstandenes Werk „Willy Brandt auf zerknülltem Packpapier“.

Gerne malt sie Portraits wie Stillleben. „Sie verfügte über ein nahezu fotografisches

Gedächtnis, das es ihr ermöglichte, Gesehenes mit einer erstaunlichen Genauigkeit in Malerei und Zeichnung umzusetzen. Diese Fähigkeit war nicht nur handwerklich beeindruckend, sondern prägte auch ihre künstlerische Handschrift,“ sagt Langenbach über sie. Marlies Forneberg sei überwiegend im Fotorealismus künstlerisch zu Hause gewesen.

Die Siegener Zeitung urteilt so im September 2013 über eine Ausstellung im Forsthaus Farnschlade: „Besonders die Wisente haben es ihr diesmal angetan. Ein Bild, ein Kälbchen mit seiner Mutter, wirkt aus der Ferne fast wie ein Foto, so ‚perfekt ist die erlebte Szene wiedergegeben.“

Ein anderer Aspekt: Ende 2021 formuliert die Siegener Zeitung: „Marlies Forneberg reflektiert in ihren Zeichnungen eine Faszination für Räder und damit für die Ästhetik des Mechanischen.“

Als vielfältig und zahlreich können die Orte beschrieben werden, in denen sich Marlies Forneberg engagiert. In ihrer Heimatstadt Freudenberg ist sie mit dem Dreiklang „Kulturflecken Silberstern“, dem 4Fachwerk-Museum und dem Technik-Museum verbunden, die sie durch ihr Wirken jeweils unterstützt und in deren Rahmen sie künstlerisch aktiv ist.  

Mit ihrer liebenswerten, den Menschen zugewandten Art, Ihrer Begabung und Ihrem Können hat sie unsere ehrenamtliche Arbeit wesentlich unterstützt,“ gedenken ihr die drei Institutionen gemeinsam nach ihrem plötzlichen Tod.

Ein besonderes Projekt verbindet sie mit Dieter Siebel. Von Anfang an ist sie dabei, den Alten Flecken als begehbaren Adventskalender in der Vorweihnachtszeit aufzuwerten. Immer wieder ist sie mit eigenen Motiven dabei, die jeweils gestellten Themen zu illustrieren.

In ganz eigener Weise zehrt Marlies Forneberg von Workshops am Lago Maggiore. Bestimmt 15 Jahre nimmt sie an diesen Kunstreisen teil. Ulrich Langenbach: „Dieser Ort war ihr besonders nah, sie liebte ihn sehr. Dass sie schließlich am Ende eines solchen Workshops dort verstarb, verbindet ihr Andenken untrennbar mit diesem Platz, der für sie Inspiration und künstlerische Heimat zugleich war.“

Plötzlich und unerwartet endet dort ihr Lebensweg am 29. Mai 2023, „nach einer wunderschönen Woche in der Casa degli Amici am Lago Maggiore,“ wie ihre Mitreisenden schreiben und sich erinnern: „Du hast diesen Ort immer geliebt, warst dort fröhlich und glücklich.“ Ihre letzte Ruhe fand Marlies Forneberg im Friedwald Siegen.

Als Mensch bleibt Marlies Forneberg uns in besonderer Weise in Erinnerung: Sie war außerordentlich selbstlos, hilfsbereit und zurückhaltend, nie darauf bedacht, das eigene Ego in den Vordergrund zu stellen. Viele, die mit ihr zusammengearbeitet oder sie im Kunstraum erlebt haben, schätzten genau diese Haltung,“ heißt es von Ulrich Langenbach im Vorfeld der 4Fachwerk-Ausstellung.

Ein Trost: Die Erinnerung an sie werde in ihren Bildern leben. „Mit dieser Ausstellung würdigen wir sowohl das Werk als auch den Menschen Marlies Forneberg. Ihre Arbeiten zeigen uns die Bandbreite ihres Schaffens, ihre Genauigkeit und ihre Neugier. Und zugleich erinnern sie daran, wie eng im Kunstraum künstlerisches Arbeiten und menschliche Begegnung miteinander verbunden sind,“ ordnet Ulrich Langenbach die aktuelle Präsentation ein.

Marlies Forneberg meistert ihr Leben, für sich, für ihre Familie. Und sie bewahrt sich ihre Leidenschaft für die Kunst. Diese Selbstverwirklichung lässt an das Wort von Pablo Picasso erinnern: „Jedes Kind ist ein Künstler. Die Herausforderung ist, wie man ein Künstler bleibt, wenn man erwachsen ist.“ Sie hat diese Herausforderung gemeistert, und, um noch einmal Picasso zu zitieren: „Die Kunst wäscht den Staub des täglichen Lebens von der Seele„. Kunst gibt Kraft, erweitert das Leben und befördert die Offenheit zu den Menschen.

4Fachwerk lädt erneut zur „Lechtstonn“ ein

4. September, um 17 Uhr im 4Fachwerk Museum, Eintritt 3 Euro

In der „Leechtstonn“, also der Zeit nach der getanen Arbeit, wurden „im Flecken“ gerne Neuigkeiten ausgetauscht und Geschichten erzählt. Diese Tradition greift das Freudenberger 4Fachwerk-Mittendrin-Museum mit seiner Veranstaltungsreihe auf. In der jetzt 11. Ausgabe werden Dieter Siebel und Martin Quandel diesmal solche Begebenheiten aus einer Zeit zum Besten gegeben, als Mensch und so manches Tier unter einem Dach im Alten Flecken lebten, als Säen, Ernten, Heumachen oder Hausschlachtungen noch den Jahresablauf bestimmten.

So lautet der Titel der Veranstaltung auch „Der Flecken und das liebe Vieh“.

Die „Lechtstonn“ soll am Donnerstag, 4. September 2025, um 17:00 Uhr im 4Fachwerk-Museum stattfinden. Der Eintritt beträgt drei Euro.

Im Rahmen der Forschung zur „Landwirtschaft einst in Freudenberg“ tauchten neben Zahlen, Daten, Fakten immer witzige und bemerkenswerte Begebenheiten auf. Dieter Siebel sammelte diese und ergänzt damit seine eigene Flecker-Geschichten-Bibliothek. Damit ergeben sich wieder eine Fülle von kleinen erzählenswerten Ereignissen, mit denen er und Martin Quandel die Besucher der „Lechtstonn“ erfreuen wollen.

Ausstellung „Ackerbürger, Schloss und Höfe“ eröffnet

Historische Ausstellungsstücke, neue Erkenntnisse, digitale Präsentationen

4Fachwerk-Vorsitzender Klaus Siebel-Späth oblag diesmal nicht nur die Eröffnung der Vernissage, sondern er erläuterte zugleich die Inhalte der aktuellen Präsentation. Vorbereitet vom Arbeitskreis Stadtgeschichte des Museums gewährt die neue Sonderausstellung „Ackerbürger, Schloss und Höfe“ erstaunliche Einblicke in die frühere Bedeutung von Landwirtschaft in Freudenberg. „Bisher ist dieses Thema zu kurz gekommen und die Stadt wurde nur im Zusammenhang wirtschaftsgeschichtlich mit Leder, Leim und Stahl in Verbindung gebracht.“

Um 1540, so Siebel-Späth, hätten in Freudenberg unterhalb der Burg etwa 300 Leute gelebt. Steuerlisten dokumentierten zu dieser Zeit 450 Schafe, 350 Rinder und etwa 70 Schweine. Da stellte sich auch die städtebauliche und kulturhistorische Frage, wo die Tiere alle gewesen sind. „Die wohnten mit in den Häusern,“ so die aktuelle Forschung. „Die waren zugleich die Heizung.“ Möglich sei das nur gewesen, weil das Vieh eine deutlich geringere Körpergröße aufwies.

Verdeutlicht werden solche Angaben mit zahlreichen Grafik-Visualisierungen, die Manfred Flender für die Ausstellung entwickelte. Hier sind auch die Steuerlisten, die Auskunft über den Viehbestand geben, anschaulich aufbereitet. Auf einem zweiten Monitor zeigen die 4Fachwerker zahlreiche örtliche historische Landwirtschaftsaufnahmen, die zu diesem Zweck in der nahezu dreijährigen Forschungsarbeit gesammelt wurden.

Fotografien spielen auch deshalb eine Rolle, da sich der Freudenberger Fotograf Alfred Reppel (1900-1958) diesem Genre gewidmet hatte. Dem Museum war es gelungen, diese Bilder zu erhalten und aufzubereiten. Großflächig werden einige von diesen künstlerisch wertvollen Exemplaren gezeigt. 

Klaus Siebel-Späth geht in seinen Erklärungen intensiv auf den einstigen „Hof Herlingen“ ein. Die Straße „Am Hausplatz“ beschreibt den Platz, wo das Hofgut in Freudenberg gestanden hat. Der Besitz habe einst bis zum Asdorfer Weiher gereicht und umfasste etwa 100 Hektar Wiesen, Wälder und Hauberge. Zur Schatzung 1542 wurden hier alleine 107 Schafe, 33 Kühe, 37 Rinder, 24 Schweine und 4 Pferde gezählt. Schon 1342 taucht der Name Herlingen in Urkunden auf. „Der Raum Freudenberg war also schon vor dem Bau des Schlosses besiedelt, das 1389 erstmals erwähnt wird,“ so Siebel-Späth. Bis 1604 gehört das Hofgut zum Besitz der Herren von Bicken. In jenem Jahr erfolgte der Tausch mit den Nassau-Dillenburgern. Diese übernahmen im Tausch den Freudenberger Besitz, die Bicken erhielten dafür die Wasserburg Hainchen.

Apropos Schloss: Dieses erweist sich nach aktueller Recherche eher als Wirtschaftshof, denn als Funktion „Witwensitz“. Dazu war die Burg wenig bequem, aber sie verfügte ausdrücklich über Stall und Scheune. Solches dürfte auch notwendig gewesen sein, wenn alte Rentei-Rechnungen allein für 1465 den Kauf von 150 Schafen ausweisen.

Die Ländereien des Schlosses wie des Hofgutes fielen später an den preußischen Staat, der es 1820 an die Flecker Bürger verkaufte, die die Flächen zumeist schon gepachtet hatten. Mit dem Kauf erfolgte allerdings eine Neuaufteilung der Grundstücke, denn die Flächenanteile wurden an die 115 Mitglieder der neuen Genossenschaft zu gleichen Teilen verlost.

Zu weiteren Facetten der Landwirtschafts-Geschichte gehört das Hirtenwesen. Für Freudenberg besonders erwähnenswert, dass die Familie Weißgerber hier über 300 Jahre die Hirten stellte.

Musikalisch begleiteten Helge Gattwinkel und Richard Flender mit ihren Gitarren die Eröffnung. Sie hatten u. a. den passenden Hannes-Wader-Text „Nichts bleibt, wie es war“ gewählt und konnten sich über viel Beifall freuen.

Lange blieben die Eröffnungsgäste und diskutierten eifrig die Bildkunst wie die Geschichts-Aspekte. Den traditionellen Vernissage-Sekt ergänzte diesmal Anlass-bezogen „Sejerlänner Riewekooche“. Mit-Kurator Gottfried Theis dankte dem Freudenberger Stadtarchiv, der Firma Medientechnik Thomas aus Siegen sowie dem Siegerland-Museum für die Unterstützung zur Realisierung der Ausstellung.

Zu den Mitgliedern des Arbeitskreises Stadtgeschichte gehören (in alphabetischer Reihenfolge) Bernd Brandemann, Heinz Fischbach, Manfred Flender, Dr. Christoph Galle, Bodo Hoffmann, Rüdiger Jung, Rolf Kolb, Dieter Siebel, Klaus Siebel-Späth und Gottfried Theis. Sie treffen sich regelmäßig alle 14 Tage und freuen sich über weitere Interessierte, die Spaß daran haben, Licht ins Dunkle der Stadtgeschichte zu bringen. Die aktuellen Recherche-Ergebnisse „Landwirtschaft“ sind in einer Begleitbroschüre zusammengefasst, die die Museumsbesucher erhalten können. 

Die Ausstellung ist bis zum 8. November zu sehen.