Archiv der Kategorie: Kunstforum

Internationaler Museumstag am 19. Mai

Freier Eintritt und Sonderführung im 4Fachwerk-Museum

Der Internationale Museumstag wird in Deutschland in diesem Jahr am 19. Mai gefeiert.

Sein Ziel ist es, auf die thematische Vielfalt der mehr als 7.100 Museen in Deutschland aufmerksam zu machen.

„Wir beteiligen uns gerne daran,“ sagt 4Fachwerk-Vorsitzender Klaus Siebel-Späth, „weil wir das Anliegen unterstützen wollen, auf die Bedeutung der Museen am kulturellen und gesellschaftlichen Leben hinzuweisen.“

Da sich das ehrenamtlich getragene Museum mitten im Alten Flecken auf viele Besucher freut, gilt an diesem Tag „freier Eintritt“.

Den Gästen wird dabei auch Besonderes geboten, so Dr. Ingrid Leopold. Sie bereitet maßgeblich die Sonderausstellungen vor und freut sich, dass die Künstlerin der neuen Ausstellung „ARCHITEKT(O)UR“ am Museumstag zu einer speziellen Führung einlädt.  Die Künstlerin Christine Jantzen zeigt Arbeiten in Aquarellmalerei und Mischtechnik. Thematisch hat sie Landschaften, Häuser und Stadtansichten im Blick. Inspiriert haben sie Reisen durch Europa und Asien, so verbinden sich „Tour“ und „Architektur“.

Christine Jantzen, 1966 in Haiger geboren, wuchs in Holzhausen auf, studierte Architektur an der Universität Siegen und am Kent Institute of Art and Design in Canterbury, lebt heute in Marburg und arbeitet u.a. als zertifizierte Architektin für die Denkmalpflege. Kein Wunder also, dass sie auch den Alten Flecken bei ihren künstlerischen Arbeiten im Blick hatte. Ihre Ausstellung in Freudenberg ist bis zum 7. Juli 2024 zu sehen. Sie wird am 17. Mai abends mit einer kleinen Feier eröffnet. Die Führung am Museumstag (19. Mai 2024) beginnt um 15:00 Uhr.

Talente aus den eigenen Reihen

Gemeinschaftsausstellung einer 4Fachwerk-Künstlergemeinschaft

Zur Vernissage Dieter Siebel in Doppelfunktion: Als 4Fachwerk-Vorsitzender begrüßte er die zahlreichen Gäste, war zugleich aber einer der „anwesenden Künstler“. Er selbst und vier weitere Künstlerinnen aus dem 4Fachwerk-Umfeld bestreiten aktuell eine vielgestaltige Ausstellung im Kunstforum des Museums.  Schließlich galt es auch, zehn Jahre 4Fachwerk ein wenig zu feiern.

Kurz ging Siebel auf die Geschichte des ehrenamtlich getragenen Museums ein, die 2014 begann: „Wir haben das Haus übernommen und zugesagt, alle Kosten zu tragen.“ Dies sei geschafft worden mit einem großartigen Team. „Es war eine tolle Zeit und wir haben viele neue Leute kennengelernt, denen es Freude bereitet, sich für Kultur, Kunst, Geschichte und Tradition einzusetzen.“

Für den musikalischen Zwischenstopp sorgte dann Julia Nickmann aus Hohenhain, jetzt ebenso dem 4Fachwerk verbunden. Die Sängerin und Gitarristin überzeugte mit „Sag mir wo die Blumen sind“, der deutschen Version des Songs von Peter Seeger. Am Ende zog sie dann das Publikum noch einmal in ihren Bann mit „Halleluja“ von Leonard Cohen, bedacht mit riesigem Beifall.

Ulrike David stellte Dieter Siebel als Künstlerin vor, die die große Gabe besitze, beeindruckende Menschenbilder zu gestalten. Bei Gitte Rößler dürften sich die Betrachter auf lustige, freche, ungewöhnliche wie tiefsinnige Werke freuen. Die Bilder von Ursel Thiel seien einfach gekonnt, man spüre die Freude am Darstellen und die Hingabe zu ganz unterschiedlichen Motiven. Doris Schneider warte mit der ungewöhnlichen Idee auf, präzise Zeichnungen auf Federn zu bannen, wobei wunderbare Miniaturen entstünden.

Und was sagt der Künstler zu sich selbst? Er erinnerte an seine zahlreichen Segeltouren, bei denen er an den Stränden immer gesammelt habe. Solche Steine und Muscheln oder Sand arbeitete er in Collagen ein. Ein solches Werk entstand aus „Mitbringseln“ von der Insel Borkum. „Nur ich, der Strand und der Himmel waren da und der Gedanke an Gottes Schaffenskraft zog sich an diesem Morgen wie ein roter Faden durch meine Betrachtungen.“

Dem bekennenden Worpswede-Fan Dieter Siebel kam dann das 1899 entstandene Gedicht von Rainer Maria Rilke in den Sinn „Ich lebe mein Leben mit wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn, Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn.“

Dieter Siebel lud so die vielen Gäste zu einer „Entdeckungsreise“ durch die Ausstellung ein. Die Gelegenheit, sich mit den Künstlerinnen und dem Künstler auszutauschen, konnte intensiv genutzt werden. Die Anerkennung für die gelungene Werkschau brachte Kuratorin Dr. Ingrid Leopold in einem kurzen Grußwort zum Ausdruck.

Von der Toskana zur Trupbacher Heide

Aquarell-Kunstreise mit Eberhard Meiswinkel

Schon als Jugendlicher zeichnete Eberhard Meiswinkel, geboren 1940, aufgewachsen in Flammersbach. Heute lebt der Künstler in Trupbach. An der Technischen Hochschule in Achen studierte er einst Kunst und Gestaltung. Damit legte er den Grundstock, aus seinem frühen Faible den beruflichen Lebensinhalt zu formen. Dies sehr erfolgreich, denn er leitete er von 1975 bis 1995 die Schule für Gestaltung an der Beruflichen Schule für Technik in Siegen.

Meiswinkel selbst wandte sich in seinem eigenen künstlerischen Weg der Aquarell-Malerei zu. „Er zählt in dieser Fertigkeit zu den größten Könnern in der Region,“ begrüßte ihn 4Fachwerk-Vorsitzender Dieter Siebel. In dem Freudenberger Museum ist jetzt eine umfangreiche Werkschau zu sehen.

Birgitt Reinhardt, eine der drei Töchter, die ihn zur Vernissage in den Alten Flecken begleiteten, übernahm die Aufgabe, ihren Vater und seine künstlerische Herangehensweise vorzustellen. „Er hat nicht nur geografisch seine eigene Wahrnehmung der Landschaften im Bild festgehalten,“ erläutert sie. Hermann Manskopf (1913-1985) sei es gewesen, der sein Interesse auf die Aquarell-Malerei gelenkt habe.
Das Lieblingsziel ihrer Eltern sei die Toskana gewesen, ähnlich wie Goethe inspirierten sie Landschaft, Lebensart und Kultur. Das habe den kreativen Blick ihres Vaters geschärft: „Nach der Ferne entdeckte er die Motivvielfalt seiner Heimat.“ Mit der Aquarell-Technik sei es ihm gelungen, Landschaften als Ausschnitte der Realität festzuhalten und dabei eigenen Interpretationen Raum zu geben. Experten sind sich einig, dass Eberhard Meiswinkel dabei Bilder mit unglaublicher Strahlkraft geschaffen habe, die sich mit dem kreativen Ineinanderfließen der Flächen durch einen ganz eigenen Charakter auszeichnen.

„Geraten sie in den Bann von Farbe und Raum,“ warb so auch Kuratorin Dr. Ingrid Leopold. Sie zeigte sich insbesondere über Meiswinkels Buch „Trupbacher Heide“ angetan. Die Geschichte dieser Traumlandschaft habe er treffend geschildert und das Druckwerk farbenprächtig durch seine Aquarelle visualisiert.
Sie hatte Eberhard Meiswinkel, wie er in seinen kurzen Dankesworten bestätigte, ausdrücklich zu der Ausstellung überreden müssen. Lange Zeit widmete er sich mit aller Kraft der Pflege seiner leider verstorben Frau, künstlerisches Wirken war zum Erliegen gekommen. „Jetzt, wo ich die Bilder hier so sehe, bin ich doch sehr froh, dass die Präsentation zustande gekommen ist.“ Ein Empfinden, dass die Besucher ausdrücklich bestätigten: „So konzentriert und vielfältig waren die Bilder selten zu sehen.“

Die Ausstellung „Von der Toskana zur Trupbacher Heide“ ist im 4Fachwerk-Museum bis zum 17. März 2024 zu sehen.

EIN LEBEN FÜR DIE KUNST

4Fachwerk-Museum präsentiert Siegener Künstlerin Carmen Klein (1890-1978)

Von der Künstlerin Carmen Klein zeigt sich Dr. Ingrid Leopold tief beeindruckt. Die letzten Monate hat sie sich mit ihr, ihrer Lebens- und Familiengeschichte sowie ihrem künstlerischen Nachlass intensiv beschäftigt. Denn es galt die Ausstellung „Ein Leben für die Kunst“ im 4Fachwerk-Museum vorzubereiten.



Die letzte Ausstellung im Jahr ist dort immer einer maßgebenden Siegerländer Künstler-Persönlichkeit gewidmet. In diesem Jahr fiel die Wahl auf Carmen Klein, 1890 in Siegen geboren. Eine gemeinsame Ausstellung mit dem Künstler-Ehepaar Hans und Hanna Achenbach im Jahre 1928 legte später den Grundstein für die „Arbeitsgemeinschaft Siegerländer Künstler“ und lässt bis heute ihre Bedeutung deutlich werden.

Dr. Ingrid Leopold ist es als Kuratorin jetzt gelungen, viele Werke aus ganz unterschiedlichen Quellen zu einer Gesamtschau zusammen zu stellen, die die große Schaffenskraft und Kreativität von Carmen Klein in ganz konzentrierter Form präsentiert. „Ich bin beeindruckt von der Vielfalt ihrer grafischen Kunst,“ bekannte 4Fachwerk-Vorsitzender Dieter Siebel bei der Vernissage.

Der Weg von Carmen Klein ist durchaus von einem Siegerländer Emigranten-Schicksal geprägt. Ihr Urgroßvater mütterlicher Seite, der 1802 in Daaden geborene Johann Ermert, wanderte nach Mexiko aus, um als Bergmann die dortigen Silbervorkommen zu studieren. Er heiratete hier eine junge Mexikanerin. Aus dieser ersten Ehe gingen drei Kinder hervor, die zur Ausbildung nach Deutschland zurückkehrten. Eine Tochter, Cäcilie Ermert, lernte in Siegen ihren späteren Mann Heinrich Neff kennen. Deren Tochter Amalie heiratete den Siegener Kommerzienrat Heinrich Klein. In deren Haus am Hohler Weg Nr. 1 erblickte am 6. Mai 1890 Tochter Carmen als jüngstes von sechs Kindern das Licht der Welt.
Die Kinder wuchsen im großbürgerlichen Wohlstand auf. „Wir hatten eine fröhliche und unbeschwerte Kindheit,“ erinnerte sie sich. 

Schon als junge Schülerin entwickelte Carmen Klein Interesse an Kunst und Malerei, gefördert auch durch ihre Cousine, der Malerin Emmy Dresler.
Mit 21 Jahren konnte sie die Kunstgewerbeschule in Köln besuchen. Diese Ausbildung beendete der I. Weltkrieg. Von 1917 bis 1922 setzte sie ihr Studium in Berlin fort. Neben der Aquarellmalerei widmete sie sich Radierungen auf Kupferplatten, Tuschezeichnungen oder fein nuanciertem Steindruck. In dieser Technik sind in den 1930er Jahren die bekannten Siegener Stadtlithografien entstanden.

Nahezu 48 Jahre lebte Carmen Klein in ihrem großzügigen Elternhaus mit ausgemalten Räumen, großem Garten, Grotte und einer reichen Tierwelt. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1936 kam das herrschaftliche Anwesen in den Besitz von Dr. Oskar Waldrich. Ihr Elternhaus, später als „Villa Waldrich“ bekannt, bildete Carmen Klein künstlerisch ab. Auch diese Blatt ist in der Freudenberger Ausstellung zu sehen. 

Nach der Bombardierung Siegens verlor Carmen Klein alles Hab und Gut und fand in Bühl bei Freudenberg im Bauernhaus der Familie Stockhammer Unterschlupf. Ihre Erlebnisse hier vertraute sie ihrem Tagebuch an, aus dem sie später Inhalte im Siegerländer Heimatkalender veröffentlichte. In ihrer Bühler Zeit sind zahlreiche Blumenbilder und Landschaftsaquarelle entstanden, die nun auch in der Freudenberger Ausstellung gezeigt werden.

Zehn Jahre führte Carmen Klein ein „Wanderleben“, bis sie 1955 bei der Familie Kreutter auf dem Siegener Rosterberg einen Dauerwohnsitz fand und wieder in Ruhe arbeiten konnte. Im DRK-Altenheim in Neunkirchen Salchendorf verbrachte sie ihren Lebensabend. Am 10. Mai 1978 ist sie dort gestorben.

Carmen Klein ist Vielen als die große Blumenmalerin in Erinnerung geblieben. Wie umfangreich tatsächlich ihr künstlerisches Wirken war, lässt die 4fachwerk-Ausstellung deutlich werden. Sie ist dort bis zum 21. Januar 1924 zu sehen.

„Mit der Carmen-Klein-Ausstellung können wir zugleich einen herzlichen Gruß der Verbundenheit mit Siegen zum Ausdruck bringen, die 2024 ihr 800-jähriges Stadtjubiläum feiern wird,“ betont Dieter Siebel.

Die zahlreichen Eröffnungsgäste zeigten sich von der Reichhaltigkeit und Abwechselung der Kunstblätter sehr beeindruckt. Für den musikalischen Rahmen der Vernissage sorgte der junge Musikstudent Julian Pudelt aus Siegen mit seiner Gitarre. Viel Beifall bekamen seine Interpretationen von „Bunte Pyramiden“ (Querbeat & Bukahara) und „Golden Circle“ (Honig).

Werner Seekamp: Deutliche Spuren seiner Kunst

Ausstellungseröffnung „SPUREN – ZUSTÄNDE DER VERGÄNGLICHKEIT“

Vor 27 Jahren, 1996, starb Werner Seekamp. Viel zu früh, er war nur 53 Jahre alt geworden. 1943 in Verden/Aller geboren, verbrachte er seine Jugendzeit in Bremen. Hier studierte er an der Hochschule für Gestaltung die Fächer Bildhauerei und Grafik-Design. Sein beruflicher Weg führte ihn nach Siegen, wo er 23 Jahre beruflich als Grafiker tätig war, zugleich wirkte er als Dozent an der Volkshochschule.

Das 4Fachwerk-Museum in Freudenberg präsentiert jetzt eine umfassende künstlerische Rückschau auf Werner Seekamp, der in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag hätte feiern können. Liebevoll hat seine Frau Helga Seekamp die Werke ausgesucht: „Es war mir eine Herzensangelegenheit.“ Helga Seekmap ist selbst Künstlerin, 2019 zeigte sie Beispiele ihres eigenen fotografischen Wirkens im Freudenberger Museum.


Werner und Helga Seekamp, also ein Siegerländer Künstlerehepaar, über das es heißt, trotz des frühen Todes des Ehemannes bestehe der ästhetische Dialog bis in die Gegenwart fort. Sie hätten gemeinsam gearbeitet, getrennt produziert und doch gab es Gemeinsamkeiten in der Bildsprache. Helga Seekamp erweist sich also als die beste Wahl als Gesprächspartnerin über die Kunst ihres Mannes.  Der Dialog mit Kurator Michael Müller bildet den Auftakt der Vernissage im Alten Flecken.

Zunächst gilt es, Gemeinsamkeiten festzustellen: Das Ehepaar Seekamp und Michael Müller verbindet die Mitgliedschaft im Arbeitskreis Siegerländer Künstler (ASK). Seekamp wie Müller stammen aus Norddeutschland und fanden aus beruflichen Gründen den Weg ins Siegerland. Ob die nachgesagte „Sturheit“ der Regionen das Verbindende war? Helga Seekamp stellt fest: „Es war gut hier!“ 

Werner Seekamp beflügelten Zufallsfunde, die er in seine Kunstwerke einbaute. Die Sammelleidenschaft „entwerteter Dinge“ können als Zuwendung zu „Spuren“ gewertet werden. Einzelne Fragmente, die er oft spontan verarbeitete, inspirierten ihn und bestimmten den Werdegang des Entstehens seiner Arbeiten. Die „Spuren der Vergänglichkeit“ prägten seine Collagen.  

Eine Parallelität im Kunstprozess, dem sich auch Michael G. Müller verbunden fühlt. Kunst aus gebrauchten Dingen, ästhetisch anspruchsvoll kombiniert: „Fundstücke sind Ausgangspunkt und Inspirationsquelle für meine vielschichtigen Kompositionen. Spielerische Kombinatorik, Neugier und Ausprobieren bestimmen dabei meinen Schaffensprozess.“ Ab 18. August zeigt er die Ergebnisse während des Kunstsommers 2023 in der KuKu-Produzentengalerie.

Die Retrospektive über die Schaffensphase von Werner Seekamp ist in Freudenberg bis zum 3. September 2023 zu sehen. „Diese Ausstellung verdient viele Gäste,“ so 4Fachwerk-Vorsitzender Dieter Siebel in seiner Begrüßung. Dass so viele Kunstinteressierte zur Vernissage gekommen seien, dürfe ein gutes Omen sein. Dominik Jung sorgte an dem Abend mit seiner Gitarre für einen gelungenen musikalischen Rahmen.

Große Kunstfertigkeit für kleine Welten

Eröffnung der Ausstellung „Welt aus Papier“

Ihre Welt endet zwar mit dem Tischrand, ihre Kreativität ist dagegen grenzenlos: Modellbauer können eine eigene Welt schaffen, mit Pappe Proportionen und Raumzusammenhänge gestalten. Kaum eine andere Darstellungsform ermöglicht diese sinnlich-haptische Wahrnehmung von Architektur oder gegenständlichem Design. Der Welt des Modellbaus aus Papier ist jetzt eine Ausstellung im Freudenberger 4Fachwerk-Museum gewidmet. Vorsitzender Dieter Siebel konnte wieder zahlreiche interessierte Gäste zur Eröffnung begrüßen.

Bei den Brüder Rainer und Werner Petruck lässt sich eine „familiäre Vorbelastung“ für ihr Hobby nicht verleugnen. Schon ihr Vater baute Schiffsmodelle aus Holz. Der 99-Jährige pflegt seine Leidenschaft bis heute, erzählen die beiden im Gespräch mit Kuratorin Dr. Ingrid Leopold bei der Vernissage. Im Alter von zehn bis 14 Jahren bastelten sie damals bis nachts. Doch dann belegte zunächst ein anderes Hobby neben Beruf und Familie ihren Lebensmittelpunkt. Beide brillierten als Musiker, anfangs bei der bekannten Siegerländer Band „The Mashrooms“.  Erst so „mit Fünfzig“ rückte der Modellbau bei ihnen wieder ins Blickfeld. Sie verschrieben sich dem Werkstoff Papier und gehen seitdem mit Enthusiasmus ans Werk.

Gebäude und Straßenszenen sind die Spezialität von Rainer Petruck. In seinen Dioramen setzt er Häuser in eine Landschaft und ergänzt sie zusätzlich mit Figuren oder Fahrzeugen. „Es sollen Bilder aus dem Leben entstehen“, sagt er. Ein polnischer Kollege lenkte seine Aufmerksamkeit auf die französische Stadt Lisieux, die vor ihrer Zerstörung im II. Weltkrieg als mittelalterliches Schmuckstück mit normannischen Fachwerkhäusern galt. Mit liebevoller Detailtreue und seinem gestalterischen wie handwerklichen Geschick ließ er in 18-monatiger Bauzeit nach historischem Bildmaterial alte Baukörper von dort aus Pappe entstehen. Ihm gelingt es mit seiner Darstellung, dass diese bauliche Vergangenheit nicht zu einer „vergessenen Welt“ gehört, sondern er sie anschaulich in Erinnerung ruft und zu Bewunderung für eine unverwechselbare Identität-stiftende Baukultur führt. Rainer Petruck‘s Modelle setzen ein Ausrufezeichen, stellen mehr als „heile Welt“ dar, weil im Auge der Betrachter der Kontrast zu häufig fehlendem Flair mancher heutiger städtebaulicher Normarchitektur deutlich wird.

Werner Petrucks Interesse gilt der maritimen Welt. Mit Skalpell und Lupe baut der studierte Elektrotechniker Schiffsmodelle, wie gesagt aus Papier. Die Ausstellungsbesucher konnten es kaum glauben: Vor ihnen steht ein Miniatur-Ozean-Riese aus bis zu 8000 Teilen, bei dem selbst 450 Stühle an 150 Tischen nicht fehlen. In unzähligen Stunden konzentrierten Arbeitens nehmen dreidimensionale Schiffskörper ihre detailgetreue Gestalt an.  Auch der Dritte im Bunde, der seine Werke im 4Fachwerk-Museum ausstellt, 

Reinhard Fabisch aus Menden, begann seine Modellbau-Karriere als Kind. Eine Ritterburg zählt zu seinen ersten Werken. Doch ebenso bei ihm ruhte sein Hobby – bis zum Jahr 2007. Erste gebaute Miniaturen entstanden als besondere Geschenke für Freunde und Familie. Er schwärmte für Motorräder: „Ich habe solche als Modelle aus Papier gebaut, als Illusion, wie ich mir meinen ‚Feuerstuhl‘ wünschte.“ Fabisch interessierte sich für antiquarische Risse alter Schiffe und entdeckte einen Bausatz der Galeone „Roter Löwe“, eines 1597 in den Niederlanden gebauten Segelschiffes. „Der entsprach allerdings nicht der Wirklichkeit,“ recherchierte er und entwickelte für sich Baupläne, die dem Originalzustand entsprachen. Und dann legte er mit handwerklicher Kunstfertigkeit los. Der zweite Schritt der Entwicklung: Das Schiff legt jetzt vor dem Modell des Danziger Krantores an.
Forschungsarbeit und genaue Beobachtung vor Ort begleitete Reinhard Fabisch ebenso bei dem Projekt „Burg Altena“. Sogar Drohnenaufnahmen nutzte er, um das Umfeld zu erkunden, damit sein Modell detailgetreu in eine Landschaft hineinpasst.

Die Ausstellung im 4Fachwerk-Museum lässt erkennen, dass auch in Zeiten von Virtual-Reality-Brillen und vieler digitaler Werkzeuge „gebastelten Miniaturen“ durchaus eine Zukunft bleibt. Die Modelle sorgten für intensives gemeinsames Betrachten, für Fragen nach Details oder geschichtlichen Hintergründen, auch nach Technik und boten so reichlich Gesprächsstoff.  Viel Bewunderung galt den passionierten Modellbauern für ihre eingesetzte Zeit, ihre Kreativität, für ihre Beharrlichkeit, Qualität im Kleinen umzusetzen.

Die Präsentation „Die Welt aus Papier“ ist in Freudenberg bis zum 9. Juli 2023 zu sehen. Nicht nur etablierte Modelbau-Fans werden hier auf ihre Kosten kommen.