Archiv der Kategorie: Stadtgeschichte

Mittendrin-Museum „blüht“!

Da freuen sich die vielen Helferinnen im Freudenberger 4FACHWERK-Mittendrin-Museum: Wieder engagierte sich Matthias Krämer von Optik-Birkenbach in Freudenberg dafür, dass das Fachwerkhaus in der Mittelstraße mit einem ansehnlichen Blumenschmuck versehen werden konnte.

„Wir sind für die Spende außerordentlich dankbar, die erneut einen farbenfrohen und freundlichen Anblick des Museums ermöglicht“, so die beiden 4FACHWERK-Vorständler Dieter Siebel und Dr. Ingrid Leopold. Das Fachwerkhaus sehe jetzt noch einladender aus und erfreue letztlich alle Gäste im Alten Flecken. Für die fachgemäße Bepflanzung sorgte das Freudenberger Blumenhaus Beckmann.

Mittendrin-Museum erhält weitere „Kriegskassenraub-Münze“

Hartmut Siebel übergab Exponate an den Freudenberger 4FACHWERK-Verein

Ein Stück weit fühlt er sich durchaus noch als „Flecker Jong“: Hartmut Siebel, Jahrgang 1939, Pfarrer im Ruhestand, der heute in Viersen lebt. Mit seinen Eltern teil-ausgebombt in Essen, war er in den Kriegswirren 1943 nach Freudenberg gekommen, wo die Verwandtschaft zuhause war. Die Familie lebte erst im „Haus Bergfreude“ am Schlagsberg, später an der Asdorfer Straße und auf der Krottorfer Straße.
Hartmut Siebel besuchte jetzt das Freudenberger Mittendrin-Museum, um dem 4FACHWERK-Verein einige Exponate zu überlassen, so auch eine Münze, die dem „Kriegskassenraub“ zuzurechnen ist.
Die Frage, wie der Mann geistlichen Stands an die „Beute“ gekommen ist, führt in die einigermaßen facettenreichen Familiengeschichte: Denn, der „Siebels“ gibt es in und um Freudenberg viele – und, um sie auseinander zu halten, wurden die einzelnen Familien mit Zweitnamen belegt. Aus Freudenberger Sicht gehört Hartmut Siebel zu den „Siebel-Böckings“. Sein Großvater, Gustav Böcking, war einst hier Chef des Kaiserlichen Postamtes und als solcher eine stadtbekannte Persönlichkeit. In Oberasdorf, was die Sache nicht einfacher werden lässt, heißt dieser Siebel-Stamm zugleich „Försters“, da ein Urgoßvater sich dort in einem Fachwerkhaus niederließ, als er einst als Ober-Förster zur Farnschlade berufen worden war.

Hartmut Siebel begann 1946 seine Schullaufbahn an der Gemeinschafts-Grundschule in Freudenberg, besuchte später in Siegen das Städt. Gymnasium und studierte in Marburg, Mainz, Bonn und Münster Theologie. 1966 legte er in Bielefeld sein theologisches Examen ab und kam als Pfarrer im Ruhrgebiet zum ersten Einsatz. Die Verbindung zu Freudenberg ist über die Familie, Klassenkameraden und den CVJM immer erhalten geblieben.
„Irgendwann hat mich der Heuschnupfen nach Borkum gebracht“, erzählt Siebel schmunzelnd. Er folgte dem ärztlichen Rat, aufgrund seiner Allergie besser an der See zu arbeiten. So kam ihm im Frühjahr 1977 eine Stellenausschreibung der Reformierten Kirchengemeinde auf der Nordseeinsel wie gerufen.

Auf Borkum traf er auf den Halbvetter seines Vaters, den Freudenberger Fabrikanten Ernst Siebel-Achenbach und dessen Ehefrau Catharina, die hier einen Bungalow besaßen und beständig zwischen Nordsee und Siegerland pendelten. Ernst Siebel-Achenbach, Inhaber der Firma Wilhelm Siebel, engagierte sich früher auch in der Flecker Kommunalpolitik und übte zeitweise das Amt des stellvertretenden Bürgermeisters der alten Stadt Freudenberg aus.
Ernst Siebel-Achenbach schenkte seinem Anverwandten dann irgendwann die Münzen, die von Generation zu Generation als Sammelstücke weitergegeben worden waren. Der junge Pfarrer erhielt auch von der Verwandtschaft ein Gemälde, dass der Freudenberger Kunstmaler Riemer 1952 geschaffen und auf dem er die von ihm vermutete Ansicht des Flecker Schlosses dargestellt hatte.

Gemeinsam mit seiner Schwester Irmgard Erlbruch (geb. Siebel) übergab Hartmut Siebel diese Exponate im Stadtmuseum. „Das freut sich natürlich“, so Bernd Brandemann vom „Arbeitskreis Stadtgeschichte“ des 4FACHWERK-Vereins, „um so die Präsentation des Kriegskassenraubes, der sich in und um den Flecken im September 1796 zugetragen hat, ergänzen zu können“.
Zugegen war ebenso Stadtarchivar Detlef Köppen sowie der Vetter des Spenders, Helmut Krämer, für den es als früheren Vorsitzenden des Freudenberger Heimatvereins durchaus ein Anliegen ist, diese Gegenstände im Museum zu wissen: „Es wäre gut, wenn auch weitere Flecker Familien mit solchen Erbstücken das Museum bereichern würden“.

Die Münze trägt eine Umschrift in lateinischer Sprache (SIT NOMEN DOMINI BENEDICTUM), übersetzt lautet sie „Der Name des Herrn sei gepriesen“ und zitiert damit einen Satz aus der bischöflichen Segensformel. Die Umschrift der Seite mit dem Portrait-Relief bedeutet „Ludwig XV. durch Gottes Gnade Frankreichs und Navarras König“. Sie erinnert an den 1710 in Versailles geborenen späteren französischen Herrscher, der 1774 starb. Die Bezeichnung der vermutlich 1730 geprägten Münze, Écu, leitet sich von dem auf der Rückseite abgebildeten Wappenschild (frz. Écu = Schild) ab.

POSTER: TÜREN IM ALTEN FLECKEN

Betrachter bewundern die Gleichförmigkeit der Fachwerkhäuser im „Alten Flecken“, die schwarz-weiß in „Reih und Glied“ ein einzigartiges Architektur-Ensemble bilden.

An den Türen zeigt sich aber, wie vielgestaltig die historischen Gebäude im Einzelnen sind.

Jetzt präsentiert Christian Berner auf einem Poster im DIN A2-Format „Türen im Alten Flecken“, das ab sofort im 4FACHWERK-Mittendrin-Museum für 7 Euro erworben werden kann.

Facettenreich und künstlerisch gestaltet präsentieren sich viele der Eingänge. Das Poster kann als Wandschmuck aber auch als Anreiz wahrgenommen werden, die Türen bei einem Rundgang durch die Altstadt Freudenbergs im Original zu entdecken.

Geschichte fasziniert Museumsgäste

Bodendenkmalpfleger Karl-Wilhelm Stahl referierte im 4FACHWERK-Museum

Zu den vier Aktionsfeldern des 4FACHWERK-Museumsvereins gehört die Stadt- und Baugeschichte Freudenbergs. Am Dienstagabend war zu erleben, dass auch ein Bericht über neue geschichtliche Erkenntnisse das Haus bis auf den letzten Platz zu füllen vermag, worüber sich Vorsitzender Dieter Siebel freute. Die 4Fachwerker hatten ihr Mitglied Karl-Wilhelm Stahl
gebeten, über die jüngsten Forschungsergebnisse zur Besiedlung des Fleckens zu informieren. Stahl, auch ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger seiner Heimatstadt, befasst sich seit Jugend an mit Bodenfunden und ihrer archäologischen Einordnung.

„Die Besiedlung im Bereich des Fleckens muss deutlich früher stattgefunden haben, als bisher angenommen“, ist seine Schlussfolgerung. Die Begründung dafür liefert ihm die wissenschaftliche Auswertung von Scherbenfunden vom Schlossberg. Denen hatten sich die Experten des Westfälischen Amtes für Bodendenkmalpflege Münster/Olpe gewidmet. Ihr Ergebnis überraschte die Heimatforscher: Bei den Funden handelt es sich um Wandscherben, die aus dem siebten Jahrhundert, also der Merowinger-Zeit (bis 751 n. Chr.) stammen.

Bei einer Wölbrandtopf-Scherbe konnten die Wissenschaftler vulkanische Bestandteile feststellen, somit dürfte es sich um „Mayener Ware“ aus der Eifel handeln. „Das ist ein hochwertiges Geschirr gewesen, was nicht typisch für einen ‚normalen Haushalt’ war“, zitiert Karl-Wilhelm Stahl die Experten des Landschaftsverbandes. Diese sehen in den Funden die ältesten vor-mittelalterlichen Keramiken, die in dieser Region südlich von Balve jemals gefunden worden seien.

Einen weiteren Beweis, das Freudenberg deutlich älter als bisher angenommen sein muss, sieht Stahl auch in dem 1970 im Bereich des Hauses Kölner Straße 5 gefundenen Steinkopfes, der auch dem frühen 8. Bzw. dem 7. Jahrhundert zugeordnet worden sei. Ein weiterer solcher Kopf sei im übrigen in der Mittelstraße entdeckt worden. Dieser befindet sich in Privatbesitz, der erstere kann im Mittendrin-Museum betrachtet werden. Ein weiteres Indiz sieht Stahl in den typisch keltisch ausgeführten Spitzgräben, die bei Ausschachtungsarbeiten auf der Bergseite der Marktstraße zutage kamen. Auch den Hinweis in der sogenannten Haigermark-Urkunde von 914 mit der Ortsbezeichnung „Froudesbrahderofanc“ (Hofgut oder Herrensitz im Bezirk um Freudenberg) wertet der Heimatforscher als Beleg dafür, dass der ganze Bergbezirk („Schlossberg“)durchgehend besiedelt gewesen sei.

In der anschließenden Diskussions- und Gesprächsrunde ging Stahl auch auf die unterschiedliche Bedeutung von „Bürgern“ und „Thälern“ ein. Großes Interesse fanden auch seine Kenntnisse von den vielen Brunnen im Flecken. So berichtete er auch von einem tief in den Felsen eingehauenen Raum unterhalb der Marktstraße, der in Höhe der Oranienstraße begann und über einen Seitenarm Richtung Kirche verfügte. „Das Wasser wurde herausgepumpt und ich konnte den Brunnen begehen“, berichtete er den Zuhörern. Am Schluss des Abends war klar: Es gibt noch viel zu entdecken und zu forschen. Eine Aufgabe, die sich die Aktiven des 4Fachwerk- Museumsvereins auch stellen wollen, wie Bernd Brandemann unterstrich. Derzeit wird an einem Konzept gearbeitet, vorhandenes Wissen multimedial aufzubereiten, um dieses neben einzelnen Exponaten Besucherfreundlich präsentieren zu können.

Ein gefragter Forscher: Karl-Wilhelm Stahl erläutert seine Funde.
4FACHWERK-Vorsitzender Dieter Siebel freut sich über viele interessierte Zuhörer.
Karl-Wilhelm Stahl erläuterte die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung seiner Scherbenfunde.

Auch ein Stück Stadtgeschichte: Bahnunfall vor 70 Jahren

Es geschah am Samstag, 27. Januar 1945: Gegen 18:45 Uhr prallten im Gambachtal oberhalb des heutigen Freibades ein aus Olpe kommender Personenzug mit einem Güterzug aufeinander, der von Freudenberg aus bergauf fuhr. Der Zusammenstoß vor 70 Jahren hatte dramatische Folgen: Neun Reisende verstarben damals, 20 weitere Personen wurden schwer verletzt.

Dieser Bahnunfall von 1945 zählt auch zu solch kleinen historischen Facetten, die für den Arbeitskreis Stadt- und Baugeschichte des 4FACHWERK-Mittendrin-Museums von Bedeutung sind. Wer Interesse an der Mitarbeit in dieser Runde hat, ist gerne zum nächsten Treffen am 3. Februar 2015, 19:00 Uhr, im Museum eingeladen. Auch an weiteren Auskünften, Berichten von Erzählungen zu diesem Vorfall oder Informationsmaterial sind die 4FACHWERKer sehr interessiert.

Aktuell weist Freudenbergs Stadtarchivar Detlef Köppen mit einem kleinen Plakat auf den Bahnunfall von 1949 hin, der ebenfalls den ‚Bahnforscher’ Klaus Dörner immer wieder beschäftigt und von dem auch Freudenbergs Bodendenkmalpfleger Karl-Wilhelm Stahl zu berichten weiß.

Die Bahnlinie Olpe-Freudenberg-Kirchen war zu dieser Zeit stark frequentiert. Bei dem Luftangriff auf Siegen am 16. Dezember 1944 waren Teile der Bahnanlagen zerstört worden, die Ruhr-Sieg-Strecke insgesamt durch Bomben beschädigt. Die eingleisige, mit Dampflokomotiven betriebene Nebenstrecke nahm deshalb einen Teil des Zugverkehrs auf. Der Zug aus Kirchen sei langsam in den Bahnhof eingefahren, habe dann aber das angezeigte Haltesignal übersehen oder falsch verstanden und seine Fahrt fortgesetzt.

Die Rettungsarbeiten dürften außerordentlich beschwerlich gewesen sein: „Den in der Dunkelheit im tiefen Schnee zu Fuß herbeigeeilten Bahnangestellten bot sich ein grausiger Anblick von zertrümmerten und verkeilten Lokomotiven sowie einem Waggon mit toten Fahrgästen und zerquetschten Verwundeten“, schrieb Gertrud Riegger-Schrenk 1994 in einem Beitrag für „Freudenberg im Zeitgeschehen“. Viele Helfer aus Freudenberg hätten sich auf den Weg gemacht, darunter zahlreiche junge Frauen, die während des Krieges die männlichen Mitglieder der Feuerwehr vertraten. „Der zerstörte, auf der Seite liegende Waggon lag noch einige Jahre oben auf dem an dieser Stelle sehr breiten Bahndamm“, entsinnt sich Karl-Wilhelm Stahl.

Wortgewaltig die Schrecken des Krieges zum Ausdruck gebracht

Eindrucksvolle Lesung im 4FACHWERK-Museum

„Aufgestanden ist er, welcher lange schlief, Aufgestanden unten aus Gewölben tief“. Auch mit diesen Gedichtzeilen aus „Der Krieg“ von Georg Heym verdeutlichte Ulrich Tiede den in der Literatur stattgefundenen Zeitenwandel hin zum Expressionismus: „Erstaunlich, wie Heym in seinen Zeilen die Schrecknisse des Krieges voraussah“.

Tiede eröffnete mit seinen Erläuterungen eine Lesung im Rahmenprogramm der Ausstellung „GEDENKEN.GEDANKEN“, mit der das Freudenberger 4FACHWERK-Museum an den Weltkrieg-Ausbruch vor 100 Jahren erinnert. Er gab zudem einen kurzen Abriss der deutschen bzw. der europäischen Geschichte, auch mit Blick auf das deutsche Bildungsideal im 19. Jahrhundert. „In den Jahren vor dem 1. Weltkrieg war Deutschland im Umbruch, politisch fühlte es sich eingekreist von seinen Nachbarn, im Innern belasteten die schnell wachsende Städte mit der einhergehenden Landflucht“. Die zunehmende Industrialisierung, neue Berufe – all das habe bisherige Geistesgrößen und Lebensinhalte in Frage gestellt und auch zu neuen Sprachformen geführt, so Tiede. Gemeinsam mit Dr. Ingrid Leopold hatte er Lyrik und Prosa-Texte ausgesucht, die den Übergang von der Kriegsbegeisterung zum Entsetzen über die immer weiter um sich greifende Tötungsmaschinerie dokumentieren.

Viele junge Autoren hätten sich einer Zeit ausgeliefert gefühlt, die von Wertverlust gekennzeichnet war, vom Zerfall der menschlichen Beziehungen. Tiede: „Sie fassten nun selbst „Visionen des Untergangs in Worte. Oft war der Sprachstil überraschend und neu“. Knappheit und Härte hätten zum Beispiel die Prosa des westfälischen Dichters August Stramm geprägt. Er rezitierte dazu dessen sechs-zeiliges Gedicht „Patrouille“. Auch Verse von Georg Trakl beschrieben die apokalyptische Zeit: „…darüber die Sonne düster rollt; umfängt die Nacht sterbende Krieger, die wilde Klage ihrer zerbrochenen Münder“.

Dr. Ingrid Leopold und Ulrich Tiede wechselten sich in der eindrucksvoll vorgetragenen Lesung ab, bei der sie auch Hermann Hesse und den Meister der Satire und bitteren Ironie Kurt Tucholsky zu Wort kommen ließen.
„Wie eindeutig und weitsichtig die Texte schon sehr früh die ganze Katastrophe deutlich werden ließen und die Hintergründe aufzeigten, hat mich sehr bewegt“, äußerte einer der vielen Zuhörer. Das Museum war bis auf den letzten Platz gefüllt und man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so gebannt war das Publikum von der Textauswahl und dem Vortrag der beiden 4FACHWERK-Aktiven. Den Abschluss der Lesung bildete eine Geschichte von Wolfgang Borchert, der zu einem späteren Zeitpunkt lebte. Nach der ernsten Lektüre wurden die Zuhörer und Zuhörerinnen mit dem Gedicht „FRIEDE“ von Josef Reding entlassen.

Die Ausstellung selbst ist im Stadtmuseum noch bis zum 22. Oktober 2014 zu sehen.