Der Stein – als Maler und als Material
Zwei Kategorien Kunst, unter dem Stichwort „Stein“ verbunden, verdoppelte offensichtlich das Interesse an der Eröffnung einer in vielfacher Hinsicht bemerkenswerten Ausstellung. Viele Kunstbegeisterte fanden sich jedenfalls im Freudenberger 4Fachwerk-Museum ein und ihnen wurden zunächst zwei kenntnisreiche Einführungen geboten.
Dr. Ingrid Leopold ging weit zurück in ihren Betrachtungen, um die Bedeutung des Materials Stein herauszuarbeiten. Er diente dem Funkenschlag, der Verteidigung, lässt sich zu Schutzwällen aufrichten und Steine sind nicht zuletzt Symbol für Beständigkeit und Macht. Und dann wurde er für die Kunst entdeckt. Denn Steine erfahren durch die schöpferische Bearbeitung eine Entmaterialisierung und Verwandlung. Zu solchen, die dem Stein Säge, Meißel, Raspel, Reibe und Schmirgelpapier zu Leibe rücken, ihm durch gestaltende Hand Leben einhauchen gehören die acht Bildhauerinnen, die sich unter dem Namen „SKULPTURA 17“ zusammen getan haben: Zum alten Stamm gehören noch Elisabeth Mangelsdorf, Helga Al-Khanak, Gertrud Müllmerstadt und Elisabeth Marx. Vier Neue, so Ingrid Leopold, seien hinzu gekommen: Doris Kunze, Gerda Reichelt, Charlotte Dax und Erika Stei.
„Deren Kunst halt viel mit Ästhetik zu tun“, lobte die Laudatorin voller Hochachtung für das Geschick und die Kreativität der Künstlerinnen.
Den Maler Friedrich Wilhelm Stein (1926-1993) vorzustellen übernahm Dieter Siebel. In seinen Ausführungen wurde deutlich, dass er diesen in Dahlbruch geborenen und zuletzt – seit 1966 – in Freudenberg lebenden Künstler nicht nur kannte, mit ihm zusammenarbeitete, sondern mit ihm auch freundschaftlich verbunden war. Siebel erläuterte die künstlerische Entwicklung Stein entlang einer biografischen Schilderung: „Malen gehörte eigentlich schon immer zu Frieders Leidenschaft.“ Er sei aber zunächst als Kaufmann in der Stahlbranche tätig gewesen, viel unterwegs – und habe dabei auch in Sachen Kunst eine Menge gesehen. Dann ließ er sich im Atelier von Theo Meier-Lippe professionell ausbilden, 1964 habe eine erste Ausstellung stattgefunden. Ab 1976, so Siebel, habe Stein seinen ganz eigenen Stil gefunden: „Sand, Leim, Tempera und Ölfarben, mit dieser Mischtechnik brach sozusagen ein neues Zeitalter seiner Gestaltung an.“
Stein selbst habe seine Bilder als „Landschaften der Seele“ bezeichnet, denen er durchweg keine Titel gegeben habe, um die Freiheit in der Begegnung mit den Arbeiten zu ermöglichen.
„Stein war als Künstler akzeptiert und gefragt“, auch daran erinnerte Siebel. So erhielt er Aufträge die Trilogie im großen Saal des Tillmann-Siebel-Hauses, schuf ein großformatiges Gemälde für die Festsaal des Friedenshortes oder bekam den Auftrag für die Gestaltung des Wandteppichs im Evangelischen Gemeindezentrum Büschergrund. „Es gab kaum noch einen kunstliebenden Flecker ohne einen ‚echten Stein’ zuhause.“
Die jetzige Werkschau ermöglichte allerdings die Tochter des Künstlers, Heike Stein-Paul, die es sich auch nicht hatte nehmen lassen, gemeinsam mit ihrem Mann Jörg Paul zur festlichen Ausstellungs-eröffnung zu kommen. Ebenfalls besonders herzlich begrüße Dieter Siebel Frieders Bruder Rolf Stein, von Hilchenbach aus ebenfalls künstlerisch seit langem tätig.
Das Museum im Alten Flecken kann also zur Zeit als „steinreich“ angesehen werden, was die ausgestellten grafischen und figürlichen Werke angeht. Die Ausstellung „Steinzeit“ wird noch bis zum 30. April 2017 zu sehen sein.
Der Eröffnungsabend zeigte, wie sehr beide künstlerische Aus-drucksformen zum Dialog anregen. „Wir meinen, dass diese Zusammenführung von Malerei und Bildhauerarbeiten ein ganz besonderes ästhetisches Erlebnis darstellt,“ freuten sich Dr. Ingrid Leopold und Dieter Siebel über den schon großen Zuspruch.