Bodendenkmalpfleger Karl-Wilhelm Stahl referierte im 4FACHWERK-Museum
Zu den vier Aktionsfeldern des 4FACHWERK-Museumsvereins gehört die Stadt- und Baugeschichte Freudenbergs. Am Dienstagabend war zu erleben, dass auch ein Bericht über neue geschichtliche Erkenntnisse das Haus bis auf den letzten Platz zu füllen vermag, worüber sich Vorsitzender Dieter Siebel freute. Die 4Fachwerker hatten ihr Mitglied Karl-Wilhelm Stahl
gebeten, über die jüngsten Forschungsergebnisse zur Besiedlung des Fleckens zu informieren. Stahl, auch ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger seiner Heimatstadt, befasst sich seit Jugend an mit Bodenfunden und ihrer archäologischen Einordnung.
„Die Besiedlung im Bereich des Fleckens muss deutlich früher stattgefunden haben, als bisher angenommen“, ist seine Schlussfolgerung. Die Begründung dafür liefert ihm die wissenschaftliche Auswertung von Scherbenfunden vom Schlossberg. Denen hatten sich die Experten des Westfälischen Amtes für Bodendenkmalpflege Münster/Olpe gewidmet. Ihr Ergebnis überraschte die Heimatforscher: Bei den Funden handelt es sich um Wandscherben, die aus dem siebten Jahrhundert, also der Merowinger-Zeit (bis 751 n. Chr.) stammen.
Bei einer Wölbrandtopf-Scherbe konnten die Wissenschaftler vulkanische Bestandteile feststellen, somit dürfte es sich um „Mayener Ware“ aus der Eifel handeln. „Das ist ein hochwertiges Geschirr gewesen, was nicht typisch für einen ‚normalen Haushalt’ war“, zitiert Karl-Wilhelm Stahl die Experten des Landschaftsverbandes. Diese sehen in den Funden die ältesten vor-mittelalterlichen Keramiken, die in dieser Region südlich von Balve jemals gefunden worden seien.
Einen weiteren Beweis, das Freudenberg deutlich älter als bisher angenommen sein muss, sieht Stahl auch in dem 1970 im Bereich des Hauses Kölner Straße 5 gefundenen Steinkopfes, der auch dem frühen 8. Bzw. dem 7. Jahrhundert zugeordnet worden sei. Ein weiterer solcher Kopf sei im übrigen in der Mittelstraße entdeckt worden. Dieser befindet sich in Privatbesitz, der erstere kann im Mittendrin-Museum betrachtet werden. Ein weiteres Indiz sieht Stahl in den typisch keltisch ausgeführten Spitzgräben, die bei Ausschachtungsarbeiten auf der Bergseite der Marktstraße zutage kamen. Auch den Hinweis in der sogenannten Haigermark-Urkunde von 914 mit der Ortsbezeichnung „Froudesbrahderofanc“ (Hofgut oder Herrensitz im Bezirk um Freudenberg) wertet der Heimatforscher als Beleg dafür, dass der ganze Bergbezirk („Schlossberg“)durchgehend besiedelt gewesen sei.
In der anschließenden Diskussions- und Gesprächsrunde ging Stahl auch auf die unterschiedliche Bedeutung von „Bürgern“ und „Thälern“ ein. Großes Interesse fanden auch seine Kenntnisse von den vielen Brunnen im Flecken. So berichtete er auch von einem tief in den Felsen eingehauenen Raum unterhalb der Marktstraße, der in Höhe der Oranienstraße begann und über einen Seitenarm Richtung Kirche verfügte. „Das Wasser wurde herausgepumpt und ich konnte den Brunnen begehen“, berichtete er den Zuhörern. Am Schluss des Abends war klar: Es gibt noch viel zu entdecken und zu forschen. Eine Aufgabe, die sich die Aktiven des 4Fachwerk- Museumsvereins auch stellen wollen, wie Bernd Brandemann unterstrich. Derzeit wird an einem Konzept gearbeitet, vorhandenes Wissen multimedial aufzubereiten, um dieses neben einzelnen Exponaten Besucherfreundlich präsentieren zu können.