4Fachwerk-Museum zeigt das künstlerische Erbe von Hans und Hanna Achenbach
Schon einmal schmückten Werke von Hans und Hanna Achenbach das 4Fachwerk-Museum in Freudenberg. 2014 begann der damals frisch gegründete Museumsverein mit seiner Ausstellung „Alte Meister“ eine bis heute fortgeführte Tradition: „Einmal im Jahr wollen wir verstorbenen Siegerländer Künstlerinnen und Künstlern Raum geben, die mit ihrem Wirken künstlerische Ausdrucksformen und -Ausbildung in unserer Region einst maßgeblich bestimmt haben,“ erklärt Dr. Ingrid Leopold, die auch wieder als Kuratorin der aktuell bevorstehenden Ausstellung wirkt.
War es 2014 noch Teil einer Übersicht, stehen 2022 Hans Achenbach (1891-1972) und Hanna Achenbach (1892-1982) allein auf dem Programm des ehrenamtlich geführten Museums mitten im Alten Flecken. „Wir sind sehr dankbar, dass wir eine solche Fülle von Arbeiten des Künstler-Ehepaars zeigen können,“ freut sich 4Fachwerk-Vorsitzender Dieter Siebel. Das Museum sei so in der Lage, tatsächlich eine umfassende Palette ihres Könnens zu zeigen.
Ihren gemeinsamen Siegerländer Lebensweg begannen Hans und Hanna Achenbach in (Netphen-) Obernau. Ein wohl gesuchter und gefundener Sehnsuchtsort: „Ich liebe die stille Schönheit Deiner Heimat und ich würde gerne auf einem Dorf und in bäuerlicher Umgebung leben,“ zitiert in einem Bericht Erika Falkson aus einem von Hanna Achenbach in Gleiwitz verfassten Brief an eine Siegener Freundin. „Den Reichtum des einfachen Lebens hat Hans Achenbach an der Quelle aufgesucht,“ porträtiert Hans Löw ihren Ehemann 1953. Die Wahl der Umgebung, die Einsamkeit des Siegerländer Lebens, dürfte ein Wesensbekenntnis sein, heißt es bei ihm weiter.
Am 25. November 1920 hatten Hans Achenbach und Hanna Junemann in Düsseldorf-Eller geheiratet. Beide lernten sich während ihres dortigen Kunststudiums kennen.
Zwei Jahre leben die Achenbachs bescheiden von ihrer künstlerischen Tätigkeit in Obernau. 1923 und 1924 werden ihre beiden Töchter (Karin 1923, Renate 1924) geboren. Ihr Zuhause wird Siegen. Sie wohnen im elterlichen Haus von Hans Achenbach, 1938 konnten sie in ihr eigenes Eigenheim in der Winschenbach einziehen.
Beide üben zugleich einen Lehrberuf aus: Sie unterrichten „künstlerisches Weben“ an der Siegener Auschule. Von 1933 bis 1937 leitet Hans Achenbach den Fachbereich Weben an der Berufsschule für Mädchen in Siegen.
Hanna Achenbach (Maria Johanna Junemann) erblickt am 2. Dezember 1892 in Dortmund das Licht der Welt – als Tochter des Fabrikdirektors Johann Konrad Junemann und seiner Ehefrau Maria.
Als 22-jährige nimmt sie 1914 ihr Studium an der Kunstgewerbeschule in Düsseldorf auf, das bis 1919 andauert. Hier lernt sie ihren Mitstudenten Hans Achenbach kennen und lieben. Wilhelm Ludwig Hans Achenbach, so sein vollständiger Name, entstammt ebenfalls einer Fabrikantenfamilie.
Sein Vater Caspar Gustav Achenbach (1858-1915) war Mitbegründer des „Ohler Eisenwerks Achenbach, Kölsche & Co. Er hatte Emilie Berta Schneider (1865-1944) geheiratet, Hans, geboren am 3. März 1891, ist ihr zweiter Sohn.
Ihren Siegerländer Wurzeln folgend, ziehen die Eltern im Jahr 1900 nach Siegen. Nach dem Besuch des hiesigen Realgymnasiums studiert Hans Achenbach an der Königlich-Preußischen Kunstakademie Düsseldorf, denen sich Ausbildungen an den Kunstgewerbeschulen Düsseldorf und Wuppertal anschließen. Im Jahr 1913 kehrt er zunächst nach Siegen zurück und begibt sich ein Jahr später nach München, um hier aktuelle Kunstentwicklungen mitzuerleben. Der I. Weltkrieg bestimmt dann Hans Achenbachs Biografie. Es heißt, er meldet sich 1915 freiwillig als Soldat und nimmt am Kriegsgeschehen bis 1918 teil. Nach seiner Heirat mit Hanna Junemann sind beide bald dem Siegerland fest verbunden.
Hans Achenbach engagiert sich früh beim 1922 gegründeten Arbeitskreis Siegerländer Künstler (ASK). Eine Zeitungsanzeige (SZ 09. 12. 1922) nennt Hans und Hanna Achenbach-Junemann als Ausstellende („Malerei und Graphik“) bei der „Weihnachtsausstellung des Siegerländer Kunstvereins“ in der „Gesellschaft Erholung“. In den Nachkriegsjahren sind beide dann über Jahrzehnte bei den ASK-Ausstellungen regelmäßig vertreten, Hans Achenbach bezeichnet die Presse als „Nestor der Siegerländer Künstlergemeinschaft“ (SZ 5. 12. 1972). „Er ist als Künstler konsequent seinen Weg gegangen,“ sagt sein Kollege Theo Meier-Lippe über ihn.
Die Betrachtung der Natur, von Landschaften und Tieren, das Beobachten des nahen Umfeldes der Menschen, ihre Arbeitsgewohnheiten im Jahresverlauf verbinden Hans und Hanna Achenbach, die jedoch zu jeweils ganz eigenständigen charakteristischen Ausdrucksformen finden.
Löw zitiert aus einem Brief Achenbachs aus dem Jahr 1947: „Für mich ist das Märchen die Urform aller Kunst.“ Märchen und Mythen hätten seinen Bildern die Signatur gegeben. „Achenbach bleibt immer im Märchenhaften, im Lebendigen, von der Phantasie Beflügeltem,“ unterstreicht die Siegener Zeitung (09. 10. 1954) dieses Merkmal. Seine Werke seien „klar und kindlich, aber nicht kindisch.“ Ähnlich „wie trauliche Volksmärchen, feinfühlig ausgearbeitet, lebendig“ werden seine Monatsblätter beschrieben (SZ 03. 11. 1952). Den Reichtum des einfachen Lebens habe Hans Achenbach an der Quelle aufgesucht.
Hier zeigt sich die Seelenverwandtschaft des Künstlerehepaars. Denn: „Das einfache Leben in ihrem Umkreis regte sie zu vielen starken Bildern an,“ heißt es über Hanna Achenbach. „In ihren Portrait- und Genrebildern von Kindern und einfachen Menschen, Bäuerinnen und Marktfrauen, zeigt sie sich immer wieder als Heimatchronistin,“ schreibt Erika Falkson über sie weiter. Ihre Bilder seinen dem Leben „abgelauscht“, ein Ergebnis intensiver Beobachtung. Hanna Achenbachs Credo: „Ich möchte das (meine Bilder) für alle verständlich sind. Man soll spüren, dass mich die Menschen und das Leben intensiv beschäftigt haben.“
Apropos Heimatchronist: Das vielfältige Siegerländer Leben verewigt Hans Achenbach ebenso auf zahlreichen Kalenderblättern, die in den Ausgaben des „Siegerländer Heimatkalenders“ erschienen sind. In einer bemerkenswerten Artikelfolge haben Alfred Becker, Kirsten Schwarz und Cornelia Becker(-Bartscherer) die Zeichnungen inhaltlich zu- und künstlerisch eingeordnet (SIEGERLAND 2008, 2009) und damit eine wichtige Retrospektive auf sein Werk vorgenommen. „Sein vielfältiges Werk wurde bestimmt von Naturverbundenheit, Tierliebe und der Faszination guter Geschichten,“ so ein Fazit von Kirsten Schwarz (SIEGERLAND 86, 2009).
In Freudenberg wird eine umfängliche Werkschau die nachhaltige Erinnerung an das Ehepaar Achenbach ermöglichen, die Zeitzeugen bereits zu den „profiliertesten Vertreter der Siegerländer Künstlerschaft“ zählten (SZ 01. 12. 1962). Die Besucher werden Werke aus einer anderen Epoche vorfinden, die konzentriert auf das Wesentliche visuelle Informationen vermitteln, wie Emotionen zu wecken vermögen, die ausdrucksstark und charakteristisch spezifische Handschriften erkennen lassen. Auch nach Jahren haben sie von ihrer Wirkung nichts eingebüßt und zeigen bis heute, wie vielschichtig und tiefgründig gerade schlichte Darstellungsweisen sein können. Darin beweist sich die gestalterische Stärke von Hans und Hanna Achenbach, die ein großes künstlerisches Erbe hinterlassen haben, das wert ist, wieder einmal in den Mittelpunkt gerückt zu werden.
Frau Dr. Leopold machte die interessierten Besucherinnen und Besucher im Detail mit den ausgestellten Kunstwerken vertraut. Die umfangreiche Präsentation zeigt, dass Hans Achenbach sich in seinem schöpferischen Wirken mit fast allen Techniken der bildenden Kunst beschäftigte. Er war Maler, Zeichner und Grafiker – schuf Landschaften und Darstellungen aus der Arbeitswelt der Siegerländer, dem Hauberg und der Landwirtschaft, Tiere in expressionistisch beeinflusster Monotypietechnik – Bilder mit christlichen Motiven und Aussagen – Illustrationen zu Büchern (in einer Vitrine finden sich Zeichnungen zur Autobiografie von Jung Stilling: „Henrich Stillings Jugend“).
Hanna Achenbach Junemann war beständiger in ihrer Kunst. Ihre Bilder – vorwiegend in Öl – sind Momentaufnahmen des Alltags. Sie war naturverbunden, liebte die Siegerländer Landschaft, – Blumen, – ihre Mitmenschen, und insbesondere die Kinder. Entsprechend suchte sie ihre Motive aus und fand bald begeisterte Abnehmer ihrer Kunst. Ihre Blumen – und Kinderbilder waren gefragt, sie sind zeitlos und finden selbst in der Moderne noch Liebhaber und Liebhaberinnen.
Die gegenständliche Kunst aus der Vergangenheit, die wir Ihnen zeigen, wurde uns von Sammlern bereitwillig zur Präsentation zur Verfügung gestellt. Die meisten Bilder wurden uns von dem Enkel des Künstlerehepaares , Herrn Dr. Grotepaß , überlassen. Sie können zum Teil künstlich erworben werden. Zum Ende der Veranstaltung hat er eine humorvolle „Laudatio“ auf seine Großeltern gehalten. Den persönlichen Worten konnte man entnehmen, dass er sie verehrt und geliebt hat, sowohl den Großvater „Henner“, als auch die Großmutter „Ömi“, die Beide sehr genügsam waren. Die Kunst sei ihr Lebensinhalt gewesen!
Die Ausstellung „Hans und Hanna Achenbach – ein Künstlerehepaar aus dem Siegerland“ beginnt am 5. November 2022 und wird bis zum 22. Januar 2023 im 4Fachwerk-Museum zu sehen sein.