4Fachwerk-Museum erinnert an bedeutenden Siegerländer Künstler
Das Freudenberger 4Fachwerk-Museum setzt seine Reihe „Erinnerungen an Siegerländer Künstler“ mit einer Präsentation zu Leben und Werk von Hermann Kuhmichel (1898 – 1965) fort.
Die Ausstellung wird am Freitag, 8. November 2019, 19:00 Uhr mit einführenden Worten von Dr. Ingrid Leopold eröffnet. Für die musikalische Umrahmung werden Daniela Hofer (Querflöte) und Thomas Höfer (Gitarre) sorgen. Die Kuhmichel-Exponate sind bis zum 12. Januar 2020 in der Freudenberger Altstadt zu sehen.
Große Schaffensvielfalt
Hermann Kuhmichel war ein hoch talentierter Künstler mit einer überaus vielfältigen Schaffenspalette. Von ihm entstanden Eisengussplatten und -skulpturen, Steinskulpturen und -reliefs, solche aus Holz und Metall, Wandputzbilder (Sgraffitos), Glasmalereien, Monotypien, Holzschnitte, Kohlezeichnungen oder sogar Wandteppiche.
Als „karg, kantig jedem überflüssigen Gerede abgeneigt, auf das Wesentliche konzentriert,“ beschreiben ihn Zeitzeugen. Er sei Künstler gewesen, der von tiefer Religiosität geprägt war. „Mein Vorbild sind die einfachen Leute, die sich mit dem Christentum wirklich ‚abschleppen‘“, wird er zitiert. Vielen hart arbeitenden Menschen habe er ein Denkmal gesetzt. Als Hermann Kuhmichel am 21. September 1965 stirbt, gilt er als anerkannter und großer Siegerländer Künstler.
Erst der Forst, dann die Kunst
Sein Lebensweg lässt zunächst die künstlerische Laufbahn nicht erkennen. Als Hermann am 4. März 1898 in Eiserfeld das Licht der Welt erblickte, war das achte Kind von Ferdinand und Katharina Kuhmichel. Der Vater (1859-1934) von Beruf Bergmann, machte sich später als kapitalkräftiger Gewerke einen Namen, gründete eine Sprengstofffabrik in Würgendorf und nahm 1920 die seit 1844 bestehende Peterzeche erneut in Betrieb.
Nach seiner schulischen Ausbildung an der Rektoratsschule in Weidenau (heute FJM) und dem „Einjährigen“ in Plettenberg, beginnt Hermann Kuhmichel eine Forstlehre, wird aber 18-jährig 1916 während des I. Weltkrieges als Frontsoldat einberufen. Sein Lazarettaufenthalt aufgrund einer schweren Verwundung endet erst 1920.
Den Forsten widmet er sich nun wieder, wird Forstlehrer und nimmt dann bis 1926 eine Stellung als Gutsverwalter in Meißen an.
Aber die Lungenkrankheit plagt ihn zunehmend, seine Arbeitsstelle muss er aufgeben. Es sind die Jahre der „Weimarer Republik“, in denen er sich 1927 zu einer beruflichen Neuorientierung entschließt.
Studium und Bildungsreise
„Wo immer es ging, knetete der Figuren aus Lehm,“ wird von Hermann Kuhmichel berichtet. Er will sich jetzt voll und ganz der Kunst widmen und der Mönchen-Gladbacher Bildhauer Hein Minkenberg, selbst ein Barlach-Schüler, wird einer seiner Wegbereiter. Minkenberg übernahm 1928 die Professur für Bildhauerei an der Kunstgewerbeschule in Aachen. 1934 wurde er wie alle Dozenten und Schüler auf Grund der Schließung der Kunstgewerbeschule entlassen, da die nun regierenden National-sozialisten deren Kunst als „entartet“ bewerteten.
Die Werkkunstschule in Köln wie die Kunstakademie Düsseldorf sind weitere Stationen auf dem künstlerischen Ausbildungsweg von Kuhmichel. Dazu gehört ebenso eine Studienreise, die ihn gemeinsam mit dem Arbeiterdichter Heinrich Lersch nach Italien führt. Lersch (1889 – 1936) wird 1933 Mitglied der Preußischen Akademie der Künste und erhält 1935 den Rheinischen Literaturpreis.
Ab 1929 mit Atelier in Siegen
Sein erstes Atelier richtet sich Hermann Kuhmichel 1928 in Köln ein. Er bezeichnet sich selbst als „Barlach-Schüler der zweiten Generation“. Doch schon 1929 ruft „die Heimat“ ihn in der Person von Dr. Hans Kruse, dem Direktor des Siegerlandmuseums, zurück. Sein neues Atelier entsteht in einem stillgelegten Fabrikgebäude in der Siegener Flurenwende. Er freut sich über erste Großaufträge und heiratet 1931 die Düsseldorferin Elisabeth Kind (08.03.1899 – 27.07.1969).
Gratwanderung in NS-Zeit
Die NS-Zeit wird für Hermann Kuhmichel zur existenziellen Herausforderung, eine Gratwanderung zwischen Anerkennung und Diffamierung seiner Arbeiten. Einerseits sind dort zahlreiche staatliche Aufträge für den freischaffenden Künstler oder auch die ihm anvertraute Gestaltung der Kassetten für die Ehrenbürgerbriefe der Stadt Siegen an Reichspräsident Hindenburg und Reichskanzler Hitler. „Er musste eine vierköpfige Familie ernähren und hat den Kopf eingezogen“, heißt es über ihn. Andererseits werden 1937 im Rahmen Im Rahmen der Reichskulturkammer-Aktion „Entartete Kunst“ seine Holzschnitte „Untersuchung“ und „ausgesperrt“, sowie die Holzskulptur „Meine Eltern“ beschlagnahmt. Seine sozial-kritischen und christlich-religiösen Motive wie auch sein Briefwechsel mit Maxim Gorki wurden ihm vorgeworfen. Dem russischen Dichter war er in einer Lungenheilanstalt begegnet. Ein angedrohtes Ausstellungs- und Schaffensverbot kam durch Fürsprache seines Förderers Dr. Hans Kruse nicht zum Tragen.
Nach 1949 Neuanfang in Siegen
Erneut wird Hermann Kuhmischel 1939/40 als Soldat einberufen. Seine Kriegsgefangenschaft endet 1945. Sein Atelier und die Wohnung findet er zerstört vor und stemmt einen weiteren Neuanfang. Der Umzug in das eigene Haus und Atelier 1953 am Weidenauer Schneppenberg versinnbildlicht diese Phase erneuerter Kreativität und Schaffenskraft. Diese beschert ihm bald hohe künstlerische Anerkennung und viele seiner Werke kommen beim Wiederaufbau als „Kunst am Bau“ zum Tragen. Überall im Siegerland sind seine Exponate zu finden. Als Künstler wie Leiter von Kunstkursen darf er sich der Wertschätzung erfreuen.
Für Kunst begeistern
Bis zu seinem Tod fand Hermann Kuhmichel nach einem Bericht von Michael Thon (März 2014) besondere Freude daran, einmal in der Woche Auszubildenden und Mitarbeitern der Firma SIEMAG in Dahlbruch künstlerisch zu unterrichten Zur „Gruppe Kuhmichel“, die sich mit zahlreichen Kunsttechniken beschäftigte, gehörte übrigens auch Rolf Stein. Er ist der Kunst treu geblieben und Exponate von ihm werden in einer weiteren 4Fachwerk-Ausstellung ab dem 7. März in Freudenberg präsentiert (Gemeinschaftsausstellung Heike Paul und Rolf Stein: „Farbräume zu Metallglanz“, Malerei, Skulpturen, Reliefs). „Wir freuen uns, dass dieser künstlerische Brückenschlag in die Gegenwart gelingen konnte“, so Dieter Siebel, Vorsitzender des Freudenberger Museumsvereins.